Wir wohnten in Borken am Nordring. Am Haus hatten wir einen großen Garten, in dem auch viele Beerensträucher standen, wie weiße und rote Johannisbeeren, grüne und rötliche Stachelbeeren, schwarze Johannisbeeren für Aufgesetzten und eine große Himbeerhecke. Mit Mutters Erlaubnis durften wir, wenn die Beeren reif waren, für unseren eigenen Verbrauch Beeren pflücken. Die Beeren kamen gesäubert in eine große Tasse. Auf die Beeren kam Zucker, aber nicht zu viel, das erlaubte Mutter nicht. Die Beeren wurden mit dem Kaffeelöffel gemischt und ein bisschen gemanscht. Das machte den Inhalt der Tasse saftig und es schmeckte lecker. Das war ein richtiges Sommergefühl.
Hauptsächlich waren die Beeren zum Einkochen von Kompott und für die Herstellung von Marmelade, Gelee und Saft da. Das machte Mutter. Pflücken mussten wir die Beeren und das war dann nicht so toll. Da war das Sommergefühl im Eimer. Und genau einen großen Eimer voll mussten wir pflücken, bevor wir spielen durften. Die Nachbarkinder spielten schon lange und wir waren immer noch am Beerenpflücken.
Da haben wir Kinder in einem beerenreichen Sommer eine tolle Idee gehabt. Wir haben den Eimer erst mal zu einem Drittel mit Blättern von den Beerensträuchern gefüllt und dann erst oben die Beeren drauf. Das ging viel schneller. Mutter hatte noch nichts gemerkt und wir durften raus zum Spielen. Abends gab es dann ein großes Donnerwetter.
Da fällt mir noch ein, dass sich beim Gelee Kochen immer oben drauf ein weißer Schaum bildete. Der wurde abgeschöpft. Nach dem Erkalten kam der Geleeschaum auf eine frische Weißbrotschnitte mit Butter. Danach waren wir ganz verrückt.
An das alles denke ich, wenn ich heute ein Butterbrot mit selbstgemachtem Gelee nach dem Rezept meiner Mutter esse.
Ulla Nienhoff geb. Ehling
Aus: Borkener Kochbuch – „Erlebte Rezepte“. herausgegeben von Heinz Eming, 4. Auflage, Borken 2015, S. 106-107.