Heinrich Lünenborg
28. Mai 1926: Antwort …
… des Heimatfreundes Heinrich Lünenborg auf den Leserbrief von Ludwig Walters in der Borkener Zeitung vom Vortag:
Quelle: Borkener Zeitung, 28.5.1926
(Ausschnitt)
Auf ein – unbestätigtes – Gerücht aus Borken reagierte auch Ludwig Walters im fernen Montabaur. Am 27. Mai 1926 erschien ein kurzer, pointierter Leserbrief in der Borkener Zeitung.
Bereits am nächsten Tag meldete sich der Altertumsverein zu Wort. Nach einer nicht ganz glaubwürdigen Entwarnung, das Gerücht sei wohl falsch, kommt Heinrich Lünenborg auf die Bedeutung der Wasserstiege in der Erinnerung der Mitbürger zu sprechen:
(…)
Nun aber einige grundsätzliche Bemerkungen, da das Problem doch in die Oeffentlichkeit geworfen ist. In einem Führer durch Westfalen, wird von unserer Heimat erzählt, daß sie ein blühendes Städtchen sei, dessen im wesentlichen noch unversehrtes Stadtbild eingebettet sei in üppigste Gärten mit blühenden Bäumen und grünenden Hecken, durch die sich anmutige Fußwege hinzögen. Und der Führer hat recht! Gibt es wohl unberührtere und naturverbundenere Wege, wie die Langestiege, die Gaugrafenweide, der Siegenweg, der Weg zur neuen Schwimmanstalt und endlich die Wasserstiege? Gerade an letztere knüpfen sich zahllose Kindererinnerungen eines jeden Borkener Jungen. Von der angeblichen Heilkraft der Quelle bei Augenleiden sehen wir einmal ab; denken wir nur an die Rekener mit ihren Torfwagen, wie sie früher schwerbeladen mit zwei hintereinander gespannten Pferden durch den Wasserlauf fuhren, denken wir daran, wie wir früher mit Fähnchen und unseren kleinen Kanonen den Weg entlang gezogen sind zu unseren Hütten zum „Manöver“. Wie mancher der garnicht aussterbenden Stecklinge, Rotborsten, Krusköppe und Reggenaölkes ist in übermütiger Freude in dem kleinen Wässerchen mit Mutters Sieben und Durchschlägen gejagt worden; und wie manchen geräuberten Maibaum haben wir in den letzten Tagen des April an seinen Fluten vorbeigeschleppt! Keine Stadt kenne ich, die einen so schönen, so ungefährlichen Kinderspielplatz hat, wie ihn für unsere Jugend die Wasserstiege bildet mit all ihren Sagen und Erzählungen, man denke nur an die Hl. Dreikönige, die alljährlich von dort hergewandert kommen sollen, um in unserer Krippe Aufstellung zu nehmen. Man denkt tatsächlich mit Schrecken daran, wenn man sich den idyllischen Weg in seiner zukünftigen Gestalt vorstellt, als Villenstraße mit Vorgärten und Autostaub, als so ein Stück nach Borken projizierte Großstadt!
Quelle: Borkener Zeitung, 28.5.1926 (Ausschnitt)