Bischof Dr. Hubertus Voß (1841-1914)
Er war kein Ur-Borkener. Wahl und Weihe zum Bischof von Osnabrück (1899-1914) jedoch erfüllten die ganze Stadt mit besonderem Stolz. Hubertus Voß wurde am 25. Oktober 1841 in Borken geboren. Seine Eltern waren der Uhrmacher Johann Heinrich Voß aus Greven und Elisabeth Winters, die einer Borkener Kaufmannsfamilie entstammte.
Schulpflichtig geworden, besuchte Hubertus Voß zunächst die Borkener Knabenschule im ehemaligen Kapuzinerkloster. Von dort wechselte er in die örtliche Rektoratschule, wo er durch deren Leiter Joseph Frie das nötige Rüstzeug für den Besuch des Gymnasiums Paulinum in Münster (1857-1861) erhielt.
Er wohnte im wenige Jahre zuvor eröffneten Collegium Ludgerianum, dem Konvikt (Internat) für begabte und am Priesterberuf interessierte Schüler ab Obertertia (Kl.9), Nach ausgezeichnet bestandenem Abitur wechselte er in das Collegium Borromäum, das Wohnheim für Studenten der kath. Theologie. Die Priesterweihe empfing er am 1. Februar 1866.
Während der Vater schon 1861 starb, erlebte die Mutter die Priesterweihe ihres Sohnes. Sie zog später zu ihm und führte ihm viele Jahre lang den Haushalt, bis sie selbst 1889 in Rheine starb.
Stationen seines Wirkens als Priester wurden für Hubertus Voß Wesel (1866 Kaplan an der Kirche Maria Himmelfahrt), Münster (1871 Domvikar und Domprediger) und Rheine (1885 Pfarrer an der Kirche St. Dionysius, „durch den Bischof ernannt auf Grund königlicher Präsentation“). Bischof Hermann Dingelstad schließlich berief den inzwischen 50-Jährigen 1891 – wenige Jahre nach Beendigung des Kulturkampfes zwischen der katholischen Kirche und dem preußischen Staat – zum Regens des Priesterseminars in Münster. Zugleich wurde er Mitglied des Domkapitels und Geistlicher Rat im bischöflichen Generalvikariat.
Am 12. April 1899 wählte das Domkapitel in Osnabrück Hubertus Voß zum Bischof. Nach Bestätigung durch die Preußische Regierung und Ernennung durch den Papst (Juni 1899), wurde er als Nachfolger des heiligen Wiho, des von Karl dem Großen eingesetzten ersten Osnabrücker Bischofs, am 8. Oktober desselben Jahres durch den Bischof von Münster geweiht. Sein bischöflicher Wahlspruch „Deus providebit“ („Gott wird sorgen“) war nahezu identisch dem des Scholasters Jodocus Hermann Nünning: „Dominus providebit“ („Der Herr wird sorgen“).
Für das Borkener Wochenblatt waren Wahl und Weihe eines „Sohnes der Stadt“ zum Bischof ein besonderes Ereignis, dem längere Artikel auf der Titelseite gewidmet wurden, während für den Lokalteil („Kreis- und Lokalnachrichten“) „kleinere“ Meldungen wie z.B. über Grußadressen und Glückwünsche seitens der Stadt und der Kirchengemeinde blieben.
Die Verbindung zu Borken ließ der neue Bischof nie abreißen, auch wenn die Besuche dort sowie die „Aushilfe“ als Beichtvater und Prediger angesichts der Anforderungen in seinem neuen Wirkungskreis seltener wurden. Sichtbares Zeichen dieser Verbindung blieb jedoch sein bischöfliches Wappen, das u.a. einen „Dreithurm“ zeigte, wie die Zeitung seinerzeit schrieb, als Erinnerung an das Wappen der Heimatstadt. Dechant Johannes Erpenbeck widmete ihm zwölf Jahre später „in tiefster Verehrung und Liebe“ die dritte Auflage seines Buches über die Remigiuskirche.
Hubertus Voß starb am 3. März 1914 an den Folgen einer Blutvergiftung. Wie fast fünfzehn Jahre zuvor waren auch Tod und Beisetzung für kurze Zeit die bestimmenden Themen auf der Titelseite des Borkener Wochenblattes. Ein ausführlicher Nachruf, der auch Ausschnitte aus auswärtigen Zeitungen wiedergab, bescheinigte ihm zahlreiche Tugenden, darunter eine gelebte „Toleranz gegenüber den evangelischen Bewohnern der Stadt und des Osnabrücker Landes … als das festeste Fundament für das friedliche Zusammenleben der Konfessionen.“
Er beschrieb den Verstorbenen aber auch als einen Kirchenfürsten, der sein seelsorgliches und soziales Wirken „mit der gewissenhaftesten Treue und dem ergebensten Gehorsam gegenüber allen Weisungen des Heiligen Stuhles“ verbunden habe. Mit besonderem Eifer habe er für die Mitgliedschaft im „Volksverein für das katholische Deutschland“ („Katholischer Volksverein“) geworben, den Sozialpolitiker wie Franz Hitze und Ludwig Windthorst auf der Basis christlich-sozialer Ideen 1890 gegründet hatten.
Neben seinem Amt als Osnabrücker Bischof war Hubertus Voß auch mit den Aufgaben als apostolischer Provikar der „Nordischen Missionen Deutschlands“ betraut, der sogenannten nordischen Diaspora, die nach der Reformation die Gebiete ehemaliger norddeutscher Bistümer zusammenfasste. (Heute erstreckt sich dort im Wesentlichen das Erzbistum Hamburg.) Während seiner 15-jährigen Bischofsperiode kam es zu einer Vielzahl von Gemeindeneugründungen sowie Neubauten von Kirchen, Schulen und Jugendheimen.
Der Eintrag im Taufbuch (26. Oktober 1841) und der Kelch, der nach dem Tod in die Heimatpfarrei zurückkehrte, halten die Erinnerung an einen Borkener wach, der in Osnabrück Bischof war.
Das Elternhaus des späteren Bischofs in der Mühlenstraße trug die Hausnummer 14 und stand gegenüber der späteren Kunst- und Buchhandlung Cramer-Hoebink. Um 1900 war es im Eigentum des Kaufmanns Josef Mendel, und im Jahr 1926 wurde darin eine Konsum-Filiale eröffnet. Mit Hilfe alter Karten und Fotos ist der Standort heute noch auszumachen.
Rudolf Koormann
Blick von der Mühlenbrücke nach Westen Richtung Zentrum. Vorn links: die spätere Kunst- und Buchhandlung Cramer-Hoebink, rechts das Geburtshaus von Hubertus Voß.
(Quelle: Sammlung E. Grewing)
Porträt von Dr. Hubertus Voß als neuer Bischof von Osnabrück (1899).
(Quelle: Bistumsarchiv Osnabrück)
Das bischöfliche Wappen von Dr. Hubertus Voß zeigt links unten auch den um 1900 verbreiteten Typus des Borkener Stadtwappens – mit den drei Türmen, aber gerade gezeichneter Mauer.
(Quelle: Bistumsarchiv Osnabrück)
Linke Seite des Eintrags Nr. 192 für 1841.
Rechte Seite des Eintrags Nr. 192 für 1841,
aus: Taufbuch der Pfarre St. Remigius Borken KB_013b (1835-1842), Doppelseite 364:
Heinrich Hubert Aloys Voß, geb. am 25. Okt. 1841, getauft am 26. Okt. 1841 von Pfarrdechant Haas.
Wer Einzelheiten über das Wirken des Hubertus Voß als Priester und Bischof erfahren möchte, sei auf das Online-Archiv der Borkener Zeitung sowie den Beitrag „Dr. Hubertus Voß – Ein Borkener auf dem Bischofsstuhl Osnabrück” von Ursula Brebaum in: „Unsere Heimat. Jahrbuch des Kreises Borken 1985“ (S. 95-97) hingewiesen.